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Hiram Bingham entdeckte die "verlorene Stadt der Inka" bei Machu Picchu - WELT


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    Der bekannteste Archäologe der Gegenwart ist zweifellos Henry Walton „Indiana“ Jones, Lehrstuhlinhaber für Archäologie am Marshall College in Connecticut. Die Erfinder dieses kineastischen Superstars, George Lucas und Steven Spielberg, konnten bei „Indys“ Modellierung allerdings auf berühmte Vorbilder zurückgreifen, wobei nicht ganz klar ist, wessen Charakter dabei den Sieg davongetragen hat. Der eine ist der Asienreisende Langdon Warner, der andere der Südamerika-Forscher Hiram Bingham III (1875–1956). Wie dieser die Archäologie betrieb, stellte er am 24. Juli 1911 eindrucksvoll unter Beweis, als er in den Anden auf Ruinen aus der Inka-Zeit stieß: Machu Picchu.

    Was die Äußerlichkeiten angeht, hatte Bingham zweifellos die Nase vorn. Schließlich gehörte das Porträtieren seiner Person – in stilgerechter Tropenkleidung mit Schlapphut oder Helm – zu den Aufgaben der Fotografen, die seine Expeditionen begleiteten. Den auf Hawaii geborenen Sohn eines Missionars trieb vor allem der brennende Wunsch, berühmt zu werden. Zu seiner Zeit waren spektakuläre Entdeckungen ein probates Mittel dafür.

    UNSPECIFIED - APRIL 25: Yale graduate and American explorer Hiram Bingham (1875-1956) who discovered the Machu Picchu in Peru july 24, 1911 (Photo by Apic/Getty Images) Getty ImagesGetty Images

    Hiram Bingham III. (1875–1956) in typischer Pose

    Quelle: Getty Images

    So nutzte Bingham sein Theologie-Studium in Yale dazu, sich in einem historischen Gebiet umzutun, für das es damals keinerlei Grundlagen gab: Für die Geschichte Lateinamerikas existierten weder Kanon noch Methoden noch Forscherzirkel. Das bot den großen Vorteil, dass sich die Zahl potenzieller Kritiker sehr in Grenzen hielt. Als sich Bingham in den Bibliotheken von Yale und Harvard seine Disziplin zusammenbastelte, wurde ein Vers des Briten Rudyard Kipling zu seinem Wahlspruch: „Etwas Verstecktes. Geh’ und finde es. Geh’ und suche hinter den Bergen – etwas Verlorenes hinter den Bergen. Verloren und wartend auf dich. Geh’!“

    Das nötige Kleingeld verschaffte ihm die Hochzeit mit Alfreda Mitchell, Erbin des Tiffany-Vermögens. Zwei ausgedehnte Reisen durch Südamerika folgten. 1911 schließlich sollte eine richtige Expedition ihrem Leiter zum internationalen Durchbruch verhelfen. In dem Erdöl-Millionär Edward S. Harkness fand er einen wohlwollenden Sponsor, dem es allerdings mehr um geografische Entdeckungen ging als um historische.

    Bingham (oben rechts) mit einem einheimischen Führer auf einer Dschungelbrücke in Espiritu Pampa in Peru, handkoloriertes Glasdia, 1911

    Bingham (o.) mit einem einheimischen Führer 1911 in Peru

    Quelle: Wikipedia/Yale University/Public Domain

    Daher kam es, dass sich der erste große Fund später als Rohrkrepierer erwies. Menschliche Knochen, die unweit der alten Inka-Metropole Cusco in Peru unter Spuren einer vermeintlich ausgestorbenen Bison-Art ans Licht kamen, erklärte Bingham zu Zeugnissen des „Homo Americanus“, einer unbekannten Menschenart, die lange vor den ersten Siedlern aus Asien in die Neue Welt gekommen sei. Allerdings kam später heraus, dass die Menschenknochen nur mit zahlreichen Rinderresten in einer Abfallgrube gelandet waren, die von Spaniern angelegt worden war.

    Bevor die Wahrheit ans Licht kam, bewog das große Medienecho Bingham, sein Glück mit archäologischen Entdeckungen zu versuchen. Sein Ziel wurde Willka Pampa (Vilcabamba), die letzte Residenz der Inka-Herrscher nach der Eroberung ihres Kernlandes durch den spanischen Konquistador Francisco Pizarro 1531. Auf dem Weg durch das zerklüftete Hochland wurde Bingham von dem Indianer Melchor Arteage am 24. Juli 1911 auf einem alten Inka-Pfad zu einem Ruinengelände geführt, das in spanischen Berichten Machu Picchu genannt wurde.

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    Painting tilted 'Pizarro Seizing the Inca of Peru' by John Everett Millais (1829-1896) English painter and illustrator who was one of the founders of the Pre-Raphaelite Brotherhood. Dated 1850

    Bingham war wenig begeistert, sondern zog mit seinen Begleitern weiter. Tatsächlich entdeckte er Ruinen, die, wie sich später herausstellte, von Willka Pampa stammten. Ein weiterer Höhepunkt der Expedition sollte die Erstbesteigung eines Sechstausenders in den Anden werden, doch musste Bingham, oben angekommen, feststellen, dass er den falschen Gipfel erklommen hatte. Erst auf dem Rückweg kamen ihm wieder die Ruinen von Machu Picchu in den Sinn, die zwar wenig repräsentativ aber immerhin als Entdeckung vorzuweisen waren. Er selbst verzichtete auf einen neuen Besuch, sondern schickte seine Leute auf den beschwerlichen Aufstieg. Sie befreiten das Areal von Buschwerk und Bäumen, dann ging es nach Hause.

    Ein Jahr später führt Bingham erneut eine Expedition nach Peru. Diesmal wurde fotografische Dokumentation Machu Picchus aufgenommen. Nachdem er zwei Wochen lang für die Aufnahmen posiert hatte, überließ er seinen Leuten die archäologische Untersuchung. Die hatte mit systematischer Schichtenanalyse wenig zu tun, sondern diente dem Sammeln eindrucksvoller Fundstücke. Immerhin wurde eine Nekropole entdeckt. Der Inhalt der Gräber war für eine Schlagzeile gut: 85 Prozent der Skelette wurden Frauen, nur 15 Männern zugeschrieben.

    Peru, Machu Picchu, Inca ruins, mountain landscape, 24th July 1911 – Hiram Bingham III re-discovers Machu Picchu, "the Lost City of the Incas".

    Die Ruinen von Machu Picchu stehen seit 1983 auf der Welterbeliste der Unesco

    Quelle: picture alliance / Photoshot

    Eine weitere Expedition 1915 diente der Erforschung der Höhenwege, mit denen die Inka ihre Städte und Residenzen verbunden hatten. Zugleich verschlechterten sich die Beziehungen zu den peruanischen Behörden. Man warf Bingham – nicht ganz zu Unrecht – Raubgräberei vor und dass er seine Funde ins Ausland geschafft habe. Also verlegte er sich auf die Publikation seiner Funde, wobei ihn die National Geographic Society tatkräftig unterstützte.

    Eine Fülle von Artikeln erschien, in denen hochspekulative Theorien über die Bedeutung Machu Picchus ausgebreitet wurden. Seine Ruinen wurden zur „verlorenen Stadt der Inka“, zur Residenz ihres letzten Herrschers, zur Zufluchtsstätte der 400 Sonnenjungfrauen, die den Inka in religiöser und anderer Hinsicht zu Diensten gewesen sein sollen, wie spanische Chronisten berichteten. Das war Archäologie, wie das Publikum sie liebte: Großartige Entdeckungen erzählten von vergessenen Reichen, in denen es um Schätze, Macht und dunkle Geheimnisse ging. Die Verwandtschaft mit Indiana Jones ist nicht von der Hand zu weisen.

    Hiram Bingham III. an seinem Schreibtisch im Jahr 1917

    Bingham als Flieger-Offizier ...

    Quelle: Wikipedia/Library of Congress/Public Domain

    Senator Hiram Bingham served as from 1925-1932. He was also the archaeologist noted for his 1911 discovery of Machu Picchu in Peru.

    ... und als Senator (1925–1932)

    Quelle: picture alliance / Everett Colle

    Aber Bingham beließ es nicht bei der Archäologie. Nach dem Eintritt der USA in den Ersten Weltkrieg machte er sich als Pilot einen Namen, der seine Kriegserlebnisse ebenfalls zur publizistischen Selbstdarstellung nutzte. Das brachte ihm das Amt des stellvertretenden, dann des Gouverneurs und schließlich eines Senators von Connecticut ein. Er verließ seine Frau, mit der er sieben Söhne hatte, und heiratete seine langjährige Geliebte.

    Zwar war inzwischen längst bekannt, dass schon mehrere Reisende vor ihm die Ruinen von Machu Picchu besucht hatten. Aber seinen Steinen eine schillernde Geschichte gegeben zu haben, war zweifellos Binghams Verdienst.

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    Dieser Artikel wurde erstmals im Juli 2022 veröffentlicht.

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    Author: Joseph Rodriguez

    Last Updated: 1703145842

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